Vom 5. Juli bis 25. Oktober 2020 haben die Herzoglichen Gemächer des Residenzschlosses Altenburg einen sehr berühmten „Bewohner“. Überpünktlich zu seinem 100. Geburtstag am 12. August zieht Altenburg-Urgestein Felix Gerhard Vontra ein. Während die letzten Werke noch ihre Plätze finden, hat ALL schon mal rein geschaut und mit Kuratorin Anne Oswald über ihre erste große Ausstellung gesprochen. 

Nein, der Name „Vontra“ sagte ihr nix, als Anne Oswald ihn im Vorstellungsgespräch für’s wissenschaftliche Volontariat das erste Mal hörte. „Ich hab ihn dann erstmal gegoogelt und dachte bloß: Ja, ok, man soll eine Ausstellung zu ihm organisieren. Dann ist das so!“, erinnert sich die 29-jährige Kunsthistorikerin schmunzelnd zurück.

Nur ein ganzes halbes Jahr

So fanden sich die seit drei Jahren im Programmplan „wartende“ Ausstellung und die Neu-Altenburgerin Anne kaum, das ihr zweijähriges Volontariat im Schloss- und Kulturbetrieb begonnen hatte. „Sie ist ins kalte Wasser gesprungen und hat losgelegt. Es war nicht einfach, das in nur sechs Monaten zu reißen. Eine wirklich tolle Leistung“, lobt Uwe Strömsdörfer, Leiter des Schloss- und Spielkartenmuseums.

In fünf Räumen der Herzoglichen Gemächer, mit dem Eingang über’s herrschaftliche Bad, verteilen sich an die 90 Werke eines Mannes, der die meiste Zeit seines fast 90-jährigen Lebens mit einem Stift in der Hand verbrachte, vorzugsweise einem Bleistift 6 B. Nicht mal 100 aus gefühlt 1 000 000 Werke, „die uns in ihrer Masse erschlagen haben“, betont der Museumschef.

17 000 Bleistiftzeichnungen

Denn auch wenn bekannt war, dass der gebürtige Altenburger Gerhard Vontra mit dem Blick für’s alltäglich Ungewöhnliche 365 Tage im Jahr zeichnete, was sie bei ihrem Besuch seiner Atelier-Laube in Prerow auf dem Darß vorfanden, sprengte jegliche Erwartungen. „Allein 17 000 Blei- und Farbstiftzeichnungen wollten gesichtet werden. Man taucht in eine komplett andere Welt ein“, schwärmt die kuratierende Volontärin Anne. Mit den Highlights seines Lebens als Orientierungspunkte wählte sie aus, ging tiefer und konnte dabei auf einen sehr nützlichen Charakterzug Vontra’s vertrauen: „Er hat ALLES aufgehoben bis hin zu einzelnen Kassenzetteln in seinen Tagebüchern und ordentlich beschriftet alle Zeichnungen in Ordnern abgelegt.“

Mitmachen ausdrücklich erwünscht

Neben jeder Menge zum Gucken dürfen Besucher „corona-optimiert“ auch einiges machen. Mit Anne gemeinsam durch die Ausstellung schlendern zum Beispiel, ausgewählte Bilder „vertonen“ den „Erinnerungsbaum“ im herzoglichen Bad mit A5-Kopien ihrer heimischen Vontra-Bilder schmücken oder sich an der Selfie-Station verewigen – unkostümiert alltäglich, so wie Vontra’s Sicht auf die Dinge.

Apropos: Wer sich wie Vontra fühlen möchte, hat in den Sommerferien Gelegenheit dazu beim zweitägigen Porträtzeichenkurs für Kinder sowie Erwachsene im einstigen Atelier des Künstlers im Prinzenpalais.

Einstand für Anne

Gemessen am enormen Umfang des vollständigen Vontra Nachlasses, ist die Ausstellung wie ein Blick durch’s Schlüsselloch mitten hinein in das bewegte Leben des „Dauer-Zeichners“. „Dies ist erst der Anfang! Ein Auftakt für sehr viel mehr“, verspricht Störmsdörfer – für Vontra’s Nachlass im musealen Rahmen genauso wie für Anne, die mit dieser Ausstellung auf sehr kunstvolle Weise ihren Einstand feiert.

Fun Fact: Den Titel der Ausstellung hat der Künstler „selbst“ bestimmt. „Gerhard Vontra. Bin ich“ ziert als Signatur so manches seiner Werke.