Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Deshalb schlossen Gabi Orymek und ich uns Freitagnachmittag der Karawane aus Politikern und Gartenfreunden an, die erst Kleingarten-Hopping betrieb und dann gemeinschaftlich den „Bundeswettbewerb der Kleingärtner“ eröffnete.

Stell dir folgendes vor: Du spielst begeistert Ball. Im Team, mit einer fix festgelegten Anzahl an Mitspielern und Regelwerk und willst einen Verein gründen – nur um dann von der zuständigen Behörde gesagt zu bekommen, dass das nicht geht, weil dein spezielles Ballspiel zwar toll, aber kein Sport ist. Irre, oder?

Spielen ist kein Kulturgut

Nun, wir sind zwar keine Sportler aber Spieler, Gesellschaftsspieler, um genau zu sein, die „nur“ ihr Mobiles Spielecafe auf die Straße bringen wollten. Nur um jetzt vor exakt diesem Problem zu stehen – nur mit Blick auf die Kultur. Denn auch wenn das Spiel in seinen unterschiedlichsten Ausprägungen alle Lebensbereiche durchdringt, so alt ist wie die Menschheit selbst und Enkel wie Oma zusammen bringt, Kulturgut ist es nicht – sagt Paragraph 52, Absatz 5 der Abgabenordnung. Punkt.

Isso!

„Das sei schon ‚immer‘ so gewesen,“ rechtfertigt diese Tatsache die zuständige Sachbearbeiterin beim Finanzamt. Dass, was wir mit dem „Mobilen Spielecafe“ vorhätten, sei zwar toll, aber definitiv keine Kultur und damit ohne Basis, um unseren Wunsch nach Gemeinnützigkeit zu rechtfertigen. Erst recht nicht, weil wir alle spielen lassen wollen: Kinder, Jugendliche und ja… ERWACHSENE!

„Isso!“ bzw. „Ach, echt?“, hören wir auch am Freitagnachmittag aus den verschiedenen Ecken, als Gabi und ich uns unter den Tross an Politikern aus allen Ebenen und Gartenfreunden mischen. Gut und gerne 30+ Personen, die sich „bei uns“ in der Anlage „Glück auf“ erst zum Kleingarten hopping treffen, um anschließend die Eröffnung des 25. Bundeswettbewerbs „Gärten im Städtebau 2022“ in „der 20“, also der Wirkungsstätte der Thüringer Schreberjugend, zu feiern.

Kein Umweg zum Ziel

Aber weder „Isso!“ noch „Ach, echt?“ lassen wir als Grund gelten, uns nicht dieser Thematik zu widmen. Im Gegenteil: Solche Aussagen stacheln uns nur noch zusätzlich an. Ich mein, wie ironisch kann das Schicksal sein, wo die Geschichte unserer Heimatstadt kulturell gesehen auf einem Kartenspiel basiert?

„Na, dann schreibt ihr halt was anderes im Gesellschaftszweck hin, damit ihr gemeinnützig werden könnt!“ Klar, wäre eine Option – aber nicht für uns. Denn beim Spielen wird nicht geschummelt, mal abgesehen davon, dass Selbstverleugnung nicht unser Ding ist.

„Ihr könnt unter unser Dach kommen für die Gemeinnützigkeit.“ Ebenfalls lieb gemeint, aber auch hier lehrt uns das Spiel, dass vermeintliche Abkürzungen nicht unbedingt zum Sieg verhelfen. Dann geht dieses Strategiespiel halt über mehrere Runden, Stunden, Instanzen – so what? Denn wie großartig wäre es, wenn wir tatsächlich und maßgeblich dazu beitragen können, dass dem Spiel die Ehre zu Teil wird, die es schon lange verdient und zum Kulturgut erhoben wird? Wenn das nicht gemeinnützig ist 😉

Wer spielt mit?

Als die bunte Runde in der 20 einläuft, sind unsere Flyer bereits an den richtigen Stellen gelandet. Schau’n wir mal, ob Staatssekretär und Mitglied des Bundestages Volkmar Vogel (CDU), Bundestagsmitglied Elisabeth Kaiser (SPD), der Landtagsabgeordnete Christoph Zippel (CDU) oder „unser“ Bürgermeister Frank Rosenfeld (CDU) im wahrsten Sinne mitspielen. Wenn nur ein oder zwei der Flyer durchstarten und dazu führen, dass eine Diskussion zum Thema angeschoben wird – gern auch auf Bundes- oder EU-Ebene – haben wir zumindest das nächste Level erreicht. Oder wie es Dr. Wolfgang Preuß, Präsident des Thüringer Landesverbands der Kleingärtner so treffend formuliert hat: „Dass man’s den Kindern und Enkeln zeigt, wie’s funktioniert, das so eine Tomate wächst.“ Heißt in unserem Falle: Dass es sich lohnt, neue Ideen zu säen, sich zu engagieren, statt direkt zu sagen: Wird eh nix! Und jetzt alle!