Seit Mitternacht ist Taupadel um ein Unikat im Altenburger Land reicher: Das kleine Dorf drei Kilometer östlich von Schmölln ist die Heimat vom Immerkauf, des ersten und bislang einzigen 24/7 Supermarkts im Altenburger Land. Ein Happy Zwischenend für Ronny Koch und seine Frau Elka, dem ein monatelanger Ritt auf der Kanonenkugel vorausging.
Müde sind sie und geschafft. Anderthalb Stunden Schlaf sind nicht mehr als ein längeres Nickerchen und doch alternativlos, wenn der eigene Supermarkt einen gelungenen Start hinlegen soll. „Wir dachten eigentlich, dass wir alle Produkte ins System eingegeben hätten, nur um kurz vor knapp festzustellen, dass das Obst und Gemüse fehlt“, erzählt Elka Koch. „Also haben wir bis halb vier gesessen.“ Doch nun erkennt der Scanner im Immerkauf auch die Radieschen, sind Pomelo und Äpfel erfasst. Nein, so richtig gesackt, scheint das Erreichte bei den Eheleuten noch nicht. Zu intensiv und nervenaufreibend gestaltete sich das letzte halbe Jahr, als das sie sich einfach nur freuen und genießen könnten.
In sechs Monaten von 0 auf 100
Als ich Ronny Koch das erste Mal im Mai diesen Jahres auf der Gemeinde in Nobitz treffe, ist seine Idee von einem Rund-um-die-Uhr-Supermarkt nicht mehr, als eine sympathische Idee, die er sich bildhaft im ehemaligen Kuhstall seines Dreiseithofes in Taupadel vorstellen könnte. Kein Kindheitstraum, den er sich endlich erfüllen möchte, befeuert seinen Elan, in kürzester Zeit ein tragfähiges Konzept auf die Füße zu stellen, sondern die Aussicht auf eine Kelle oder zwei aus einem Thüringer Fördertopf für Nahversorgung im ländlichen Raum – und eine tragfähige Zukunft für sein Anwesen. Denn so ein großer Hof frisst mehr Geld als Kühe Gras und bietet viel mehr Platz, als die vierköpfige Familie privat nutzen könnte.
Keine Zeit zu warten
Beim zweiten Treffen vor Ort hat sich die Idylle bereits in eine Baustelle verwandelt. Es ist Sommer, doch statt Füße hoch und Ferienzeit heißt es für Familie Koch ackern für den eigenen Laden. Als einziges privates Projekt unter lauter kommunalen Initiativen wurden sie bei der Verteilung der Fördermillionen berücksichtigt. Ein trügerisches Glück, gepaart mit einem zusätzlichen Kredit, das verpflichtet, knappe Deadlines mit sich bringt und den ein oder anderen Steinschlag provoziert. Obwohl ihnen die Zeit aufgrund des Maximalhaltbarkeitsdatums der Förderung im Nacken sitzt, tut sich auf Behördenseite viel länger nichts, als es die Kochs einfach abwarten könnten. „Mehrere tausend Euro Strafe mussten wir zahlen, weil wir vorzeitig angefangen haben zu bauen. Aber was hätten wir denn machen sollen?“, fragt Elka schulterzuckend.
Immerkauf und weiter geht’s
Die letzten Monate und vor allem die zurückliegende Woche sei unfassbar stressig gewesen mit fliegenden Fetzen und Türen knallen inklusive, merkt die „erste Angestellte“ an und schenkt ihrem Mann ein Lächeln. Der mimt an diesem ersten Verkaufstag den Erklärbär, beantwortet geduldig die sich stetig wiederholenden Fragen der Besucher – und werkelt nebenbei bereits an Teil 2 der Kochschen Taupadel Trilogie. Zwei Ferienwohnungen sollen entstehen, an zugehörigen Stellplätzen im Innenhof arbeitet von den Kunden unbemerkt bereits ein Bagger.
Aus einem Kuhstall wird ein cool Stall 😉
Auch aus Gößnitz und dem benachbarten Bornshain treibt die Neugier die Menschen in den Supermarkt, der niemals schläft. Die backsteinigen Gewölbedecken und die dicken weißen Säulen in Kombi mit den schwarzen Metallregalen verleihen den Räumlichkeiten etwas hipp-edles. Breite Gänge bieten auch Rollatorfahrern ausreichend Platz, die Selbstbedienungskasse erklärt sich von selbst. „Einfach toll“, merkt eine Besucherin bewundernd an. Und das es hier nicht diese komische abgepackte Mohnmasse gäbe, wie überall sonst, sondern einfach nur Mohnkörner pur in der Tüte – „Klasse!“
Sortiment wächst noch
Noch warten ein paar Regalmeter auf Befüllung, wollen Lücken im Sortiment erkannt und geschlossen werden. „Aber dafür haben wir extra eine Tafel im Kassenbereich aufgehängt, wo die Leute ihre Produktwünsche drauf schreiben können“, betont der Chef. Ihm sei eine gute Mischung wichtig aus günstig und gehobenerer Preisklasse, regionalen Leckereien und Klassikern aus Kindertagen. „Deshalb zum Beispiel auch die Kaugummizigaretten. Die fand ich als Kind schon super!“, schwärmt der 42-Jährige.
P.S. Die Eröffnungsparty wird im nächsten Frühjahr nachgeholt mit einem großen Hoffest.